Die Präfixe bilden mit dem Verb die Bestandteile, die immer in allen syntaktischen Situationen vorne stehen:
- Beachte das Verkehrsschild!
- Er hat dar Verkehrsschild beachtet.
- Versprich mir, dass du das Verkehrsschild beachtest.
- Es ist nötig das Verkehrsschild zu beachten. Unter die heimischen untrennbaren Präfixen gehören:
be— ent— er— ge— hinter— miss— ver— zer— wider
Ein und dasselbe Präfix kann mit Wörtern verschiedener Wortart verbunden werden. z.B. befahren (Verb), entkernen (Substantiv), verlängern (Adjektiv), bejahen (Partikel).
Beim Adjektiv kann das Verb mit dem Komparativ verbunden werden (verbreitern), bei Substantiv kommen auch Pluralformen vor (durchlöchern). Mehrmals ist die Motivation der Vollverben schwer zu erkennen.
Nach dem Grundwort unterscheidet man 3 Typen von Derivationen:
− deverbale Präfixderivation
− desubstantivische Präfixderivation
− deadjektivische Präfixderivation
Ein und dasselbe Präfix kann sich mit Basen verschiedener Wortarten und mit Basen derselben Wortart verbinden, z.B. Präfix: ver — deverbal: verändern
− desubstantivisch: vergewaltigen
− deadjektivisch: verdeutlichen
− deadverbial: verneinen
Es handelt sich um ein häufig vorkommendes Verbpräfix, das die Derivationen bildet, die von Adjektiven, Substantiven, Verben und Adverbien abgeleitet werden.
Die grammatische Funktion
− Das Präfix be- macht intransitive Verben transitiv. Mit der Transitivierung rückt der Objektaktant in den Fokus des Geschehens. Er wird dann vom Geschehen als vollständig erfasst.
- Basis ohne Aktant — Derivat mit Akkusativobjekt, lügen — belügen jmdn.
- Basis mit Dativobjekt — Derivat mit AkO: jmdm. dienen — jmdn. bedienen
- Basis mit Präpositionalobjekt — Derivat mit AkO: über jmdn. lächeln — jmdn. belächeln
− Bei dem Präfix handelt es sich bei manchen Fällen um die Inkorporation. Das Präfixderivat nimmt mittels eines anders lautenden Präfixes die entsprechende Relation auf.
- Wasser über das Fleisch gießen — das Fleisch mit dem Wasser begießen
− Das Präfix verschiebt das Akkusativ/Dativobjekt in die Präpositionalphrase — Objektverschiebung
- Er schenkt ihr die Blumen. — Er beschenkt sie mit den Blumen.
- Der Kellner dient dem Gast. — Der Gast wird von dem Kellner bedient.
− Reflexierung— Die Basis steht mit Akkusativobjekt und das Derivat kommt reflexiv vor: etw. trinken — sich betrinken
Die semantische Funktion.
- etw. mit dem Substantiv ausstatten, versehen — applikative Verben: bewaffnen, beflaggen, bezuschussen, befiedern,
- faktitive Verben — sie bezeichnen die Handlung, die zum bestimmten Zweck führt: bewalden, begrenzen, beforsten, befruchten, beflecken,
- sich verhalten/handeln wie (Substantiv) — agentive Verben: bewirten, bemuttern, bevormunden, begönnern,
- zu «Substantiv» machen — kausative Verben: betören,
- zu «Adjektiv» machen, eine bestimmte Rolle jdm. zuschreiben: beschuldigen, befreien, befugen, befähigen, begünstigen, beleidigen, beschweren, beseligen,
- einziges Beispiel mit Adverbien: bejahen,
- Intensivierung — das Präfix be- dient zur Intensivierung des Basisverbs, die nur schwach ausgeprägt ist. Das Präfix erscheint dann als weglassbar: befragen, bemühen, befürchten, befühlen.
Wir haben hier ein paar Beispiele angeführt und es aus der grammatischen und semantischen Sicht analysiert. Als Quelle dient DE Magazin Deutschland.
«Bildungspartnerschaften beschäftigen uns in dieser Ausgabe aus verschiedenen Perspektiven».
Das Verb «sich beschäftigen» ist in mittelhochdeutscher Herkunft, das Stammwort scheftig heißt geschäftig, tätig, zu schaffen. Basiswort: Adjektiv. Das Derivat kommt reflexiv vor. Das Präfix be- dient zur Intensivierung des Basisworts. Bedeutungsübersicht: intensiv und längere Zeit über etwas nachdenken, sich mit etwas befassen, sich (mit etwas) auseinandersetzen.
«Sie lesen über eine Universität, die dem Elfenbeinturm der wissenschaftlichen Arbeit entstiegen ist und handfeste Vernetzungen rund um den Globus pflegt».
Das Verb entsteigen heißt «aus einem Fahrzeug o. Ä. aussteigen», «aus etwas nach oben steigen». Beispiele: dem Wasser entsteigen. Basiswort mit Präpositionalobjekt — Derivat mit Dativobjekt: auf einen Berg, aufs Dach, aus dem Auto steigen. Dem Schlitten, dem Bus, dem Käfig, einer Sauna entsteigen. Die semantischen Veränderungen eines Verbs durch Präfixderivation schließen oft Verbindungen hinsichtlich der syntaktisch- semantischen Valenz und hinsichtlich der zum Verb gehörigen Hilfsverben ein. Das untrennbare Präfix ent- drückt aus, dass eine Bewegung, Handlung aus der Richtung von jemandem/etwas kommt oder dass sich die Richtung einer Bewegung, Handlung von jemandem/etwas wegbewegt. Der Ausdruck «dem Elfenbeinturm der wissenschaftlichen Arbeit entsteigen» bedeutet in Folgenden: Man muss nicht als Wissenschaftler für sich selbst arbeiten sondern mit Anderen zusammen in Kooperation sein. Die Universität hat ohne Kontakt bei wissenschaftlichen Arbeiten zu anderen Bildungseinrichtungen, einfach entfernt in diesem Bereich von anderen. Wenn es um Bildungspartnerschaft geht und in diesem Fall wenn man isoliert bleibt, muss man versuchen, aus dieser Lage rauszukommen und die gegenseitigen Beziehungen auf dem Gebiet der Wissenschaft ausbauen.
«Wie andere Länder dieses System adaptieren, erfahren Sie in der Geschichte “Eine Bildungsidee reist um die Welt”».
Diese Präfixderivation erfahren bedeutet eine neue Information (über jemanden/ etwas) bekommen. Das Präfix er- macht die intransitiven Verben transitiv. Basis mit Präpositionalobjekt — Derivat mit Akkusativobjekt. Aus semantischer Funktion gehört dieses Verb zu idiomatischen Verben. Die verbale Bedeutung kann man nicht aus dem Stammwort des Verbs ableiten. Mit der Präfigierung des Grundverbs wird bei dem ganzen Wort ein neuer semantischer Inhalt aktiviert. Durch das Präfix wird der verbale Prozess erweitert.
«Hinzuweisen gilt es noch auf einen Mann, der vor 500 Jahren lebte und die Welt ziemlich radikal veränderte».
Das präfigierte Verb verändern beinhaltet jemandem oder etwas ein anderes Aussehen geben: einen Raum verändern, die Welt, sein Leben verändern wollen. Das Präfix ver- kann zur Präzisierung und Intensivierung der im Grundwort genannten Handlung führen. Man kann es im Beispiel von ein paar Ausdrücken analysieren. Die Welt radikal verändern heißt vollständig, gründlich verändern. Oder etwas baulich (durch Bauen) verändern — man baut hier um: eine Mühle in ein Wohnhaus umbauen. Hier entsteht also ein neues Gebäude.
Pläne verändern — man macht hier einen ganz anderen (neuen; bis ins Detail anders formuliert) Plan. Der Plan bekommt eine ganz andere inhaltliche Form. Man macht ganz anders, als es vorher geplant war.
«Das Jubiläumsjahr der Reformation 2017 erinnert daran, setzt sich aber auch kritisch mit ihrem Urheber auseinander».
Das aus dem Adjektiv «inner-» abgeleitete Verb bezeichnet a) die Erinnerung bei jemandem wachrufen; b) veranlassen, jemanden oder etwas nicht zu vergessen: das erinnert mich an meine Kindheit, jemanden an einen Termin erinnern. Das Präfix er- drückt aus durch eine Handlung oder einen Denkprozess ein bestimmtes Ergebnis erreicht. Dieses Präfixderivat ist irgendwie aus semantischer Sicht mit dem Basiswort verbunden. Das Adjektiv inner- heißt jemandes Gefühle und Gedanken betreffend.
«Die internationale Gemeinschaft kann diese Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen».
Das Verb bewältigen bezeichnet 1. eine schwierige Aufgabe mit Erfolg ausführen; meistern; 2. ein Problem geistig verarbeiten und oft darüber nachdenken, bis es einem keinen Kummer mehr macht; überwinden, mit etwas fertig werden. Dieses Verb ist vom Substantiv (Gewalt) abgeleitet. Es kann mit Gewalt formlich und inhaltlich auch zu tun haben. Damit man ein Problem oder eine komplizierte Aufgabe mit Erfolg ausführen und mit etwas Schwierigem fertig werden kann, braucht man körperliche Kraft. Man setzt zuerst vor allem Körperkraft ein, um etwas zu erreichen.
«Als Landtagspräsidentin möchte sie aus einer alevitischen Familie stammende Aras neue Formate entwickeln, um mit den Bürgerinnen und Bürgern den Dialog zu verstärken».
Das untrennbare Verb entwickeln stammt aus dem Verb wickeln, mithilfe der Präfixbildung bekommt das Verb ganz andere Bedeutung. Das einfache Verb wickeln bezeichnet eine Schnur, einen Faden o. Ä. mit einer drehenden Bewegung meist um etwas herumrollen: Wolle, Bänder, eine Schnur auf eine Rolle wickeln.
Das nächste Verb verstärken heißt stärker, stabiler machen; intensivieren:
eine Mauer, einen Wall verstärken; den elektrischen Strom verstärken.
Das Verb stärken bezeichnet stark machen, kräftigen. Diese Präfixderivate gehören zu den intensiven Verben, sie drücken eine höhere Intensivierung des Geschehens aus. Es kann sich auch um eine bestimmte diminutive Gradierung handeln.
«Voraussetzungen für lebendige und lebenswerte Stadtquartiere werden veranschaulicht».
Das Verbveranschaulichen beinhaltet jemandem eine schwierige Sache erklären, indem man einfache oder konkrete Beispiele gibt, Zeichnungen zeigt o. Ä.
Basiswort ist das Adjektiv «anschaulich» und es bedeutet (aufgrund von Beispielen oder guten Erklärungen) klar und einfach zu verstehen. Dieses Verb gehört auch zu intensiven Verben und zeigt die höhere Intensivierung der Handlung. Man kann den oben genannten Satz so interpretieren: Es wird hier die Vorschläge z. B. von Architekten zur Unterbringung präsentiert Welche Bedingungen muss es geben. Dann am Ende wird es alles konkretisiert.
In der Schlussfolgerung kann man erwähnen, dass die meist verbreitete Art der Wortbildung der deutschen Verben — die Präfigierung ist. Im Laufe der Zeit setzten sich schon viele Sprachwissenschafter mit der Problematik der Präfigierung auseinander und für diesen Bereich wurde auch Menge von Materialien, Übersichten und Grammatiken herausgegeben. Auch aus diesem Grund gehen die Meinungen einzelner Wissenschaftler auseinander und infolgedessen unterscheidet sich ihre Terminologie voneinander.
Im Theoretischen Teil dieses Artikels geht es um die Einteilung der untrennbaren Verben aus morphologischer — syntaktischer Standpunk und Analyse des Präfixes «be-» nach syntaktischer und semantischer Funktion. Und an einigen Präfixderivationen haben wir auf individuelle Weise aufgrund der theoretischen Fakten gearbeitet. Im Laufe der Analyse kann man zu dieser Auffassung kommen, untrennbare Präfixe haben auch ihre eigene Bedeutung und mit dem Verb zusammen bilden sie eine Sinneinheit. Wir haben hier Präfixe nach ihrem morphologischen, syntaktischen und semantischen Aspekt untersucht.
Literaturverzeichnis:
- Bartz/Fleischer /Schröder:Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen 1995.
- Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 6., überarbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich: Dudenverlag, 2006. [2016 s.] ISBN 3–411–05506–5.
- Duden: Die Grammatik. 4., völlig neu erarbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim. Leipzig. Wien. Zürich Dudenverlag, 1984. [800 s.] ISBN 3–411–20904–6.
- DE Magazin Deutschland 2/2016
- Semantische Leistung der Präfixe bei deutschen Verben. Die Diplomarbeit von Renata Kaválková, 2007.
- «Objektschub» bei V. Polenz 1980, S. 176