Alle Völker stehen in wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zueinander, was zu einer ständigen gegenseitigen Beeinflubung der Sprachen führt. Es gibt kein Land, das sich völlig abgesondert von den anderen entwickelt hätte.
Die Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch die Entlehnung ist mit historischen Tatsachen und mit der Geschichte des deutschen Volkes verbunden. Eine viel gröbere Bedeutung hatte für die Bereicherung des deutschen Wortschatzes die Wortentlehnung auf Grund der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zwischen dem deutschen Volk und anderen Völkern. Die Entlehnung erstrecken sich auf verschiedene Lebensgebiete, in denen sich die Überlegenheit der römischen Kultur zeigte. Auf diese Weise bekamen die Urgermanen viele neue Wörter, die verschiedenen Gebieten des privaten und öffentlichen Lebens angehören:
a) dem Gebiete der Landwirtschaft: Pflanze, Käse, Korb, Sichel, Kohl, Wein;
b) dem Gebiete des Militärwesens: Kampf, Wall,Strasse;
c) dem Gebiete des Bauwesens: Mauer, Fenster, Pforte, Kammer, Ziegel;
d) dem Gebiete des Handels: Münze, Markt, Pfund, kaufen;
e) dem Gebiete der Hauseinrichtung: Tisch, Kessel, Pfanne.
Die Entlehnung aus dem Lateinischen ging auch weiter vor sich, denn die lateinische Sprache beeinflubte die deutsche im Wortschatz so nachhaltig wie keine andere. Später, im 5.-7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung des Christentums in Deutschland kamen wieder lateinische Wörter in die deutsche Sprache, vor allem wohl im Zusammenhang mit den religiösen Ansichten und kirchlichen Bräuchen: Kloster, Münster, Mönch, Messe, Kreuz, opfern.
Die lateinische Sprache blieb bis ins 18. Jahrhundert hinein die offizielle Sprache der Wissenschaft. Deswegen gibt es im Wortschatz der deutschen Sprache viele lateinische Entlehnungen späterer Herkunft: Aula, Auditorium, Autor, Abiturient, Glossar, Disziplin usw.
Die Annahme des römischen Rechts in Deutschland hatte eine nicht geringere Bedeutung für die Entlehnung des lateinischen Wortgutes, besonders der juristischen Terminologie. Dieser Herkunft sind folgende Wörter: Familie, Prozeb, Justiz, Jura, Magistrat u. a. Erst allmählich, vom 14. Jahrhundert an, begann die lateinische Sprache ihren Einfluss zu verlieren. Von den alten klassischen Sprachen übte auch das Griechische einen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Wortschatzes aus. Aber die griechischen Wörter kamen ins Deutsche meistensteils durch das Lateinische. Das waren hauptsächlich Wörter aus dem Gebiete der Religion, Bildung, Wissenschaft. Griechischen Ursprungs sind solche Wörter wie Bibliothek, Chor, Charakter, Kirche, Katheder.
Im Wortschatz der deutschen Sprache gibt es viele Wörter französischer Abstammung. Bestimmte historische Umstände führten dazu, dab die französischen Wörter ins Deutsche in drei verschiedenen historischen Perioden, in drei Schichten einströmten. Der französische Einflub begann seit dem 11–12 Jahrhundert. Das war die erste Schicht der französischen Entlehnung. Damals war Frankreich mit seiner ritterlich-höfischen Kultur, mit seiner höfischen Literatur, mit dem Kultus des Frauendienstes, mit dem Aufblühen neuer Moden, mit der Hofetikette, Kochkunst usw. zum vorbildlichen Land des rückständigen Deutschlands. Die zweite Schicht französischer Wörter strömte ins Deutsche erst viel später ein, nämlich im 17–18. Jahrhundert. In dieser Epoche, in der Epoche des Absolutismus, wurde Frankreich wider zum führenden Land Westeuropas und diente dem feudalen Adel anderer westeuropäischen Staaten als Muster. Frankreich verstand, die Höfe der groben und kleinen Feudalherren des rückständigen Deutschlands, seines Nachbarlandes, seinem Einflub zu unterziehen. Die dritte Schicht französischer Entlehnung fällt in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diese wurde durch andere historische Ereignisse bedingt: durch die Ideen der französischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts Rousseau, Diderot, Voltaire, Montesquieu, durch die Ideen der französischen utopischen Sozialisten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Fourier, Saint-Simon und insbesonere das Einwirken der bürgerkichen französischen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts.
Auber lateinischen und französischen Entlehnungen gibt es in der deutschen Sprache auch andere, z.B. italienische. Die letzteren stammen in ihrer Mehrheit aus dem 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus der Epoche des Humanismus, der italienischen Renaissance, wo auf der Weltarena Italien als das führende Land des frühen Finanzkapitalismus aufkam. Durch italienische Vermittlung erhielt die deutsche Sprache eine Reihe von Ausdrücken für die Erzeugnisse des Ostens und auch für verschiedene Spezereien: Samt, Spinat u. a.
In der deutsсhen Sprache lassen sich auch englische Elemente aufweisen. Die ersten englischen Wörter im Deutschen fallen in das 14–17. Jahrhundert und hängen mit dem Handel zwischen englischen und deutschen Kaufleuten zusammen. Diese Entlehnungen waren aber nicht zahlreich, meistenteils waren es See- und Handelstermini: Boot, Lotse, Flagge, Kabine.
Deswegen kamen aus dem Engkischen ins Deutsche viele Entlehnungen, meistenteils mit denen durch sie bezeichneten Gegenständen und Erscheinungen zusammen.
Aus Technik und Wissenschaft: Logarithmus, Spektrum, Barometer, Evolutionstheorie u. a.
Aus Idustrie, Handel, Finanzwesen: Tunnel, Koks, Export, Import, City, Banknote u. a.
Aus dem politischen Leben: Agitator, Meeting, Interview, Parlament, Reporter u. a.
Aus dem Sport: Box, Boxer, Fubball, Rekord, Sport, Tourist u. a.
Aus dem Gebiet der Mode und Kochkunst: Comfort,Bar,,Schal, Sandwich, Whisky u. a.
Zu den englischen Entlehnungen späterer Zeit gehören:Film, Kodak, Pullover u. a.
Auber den griechischen, lateinischen, französischen, italienischen und englischen Elementen lassen sich in dem deutschen Wortschatz auch andere Lehnwörter, obwohl nicht in so hoher Zahl, nachweisen; sie stammen aus den verschiedensten Sprachen: aus dem Spanischen, Portugiesischen, aus den Sprachen des Fernen Ostens, und einige Wörter sogar aus den afrikanischen und australischen Sprachen:
spanisch-portugiesische: Dulzinea, Gitarre,Kastagnette, Zigarre;
iranische: Basar, Diwan, Kiosk, lila, Jasmin;
arabische: Admiral, Algebra, Atlas, Ziffer, Arsenal, Talisman, Tasse;Sofa, Zucker;
türkische: Effendi, Odaliske, Tulpe;
amerikanische:Ananas, Jaguar, Mais, Schokolade;
indische: Sanakrit, Reis, Veranda, Banane, Dschungel;
australische: Känguruh, Tabu, Bumerang;
afrikanische: Basalt, Gnu, Gorilla, Zebra;
malaische: Orang-Utang, Gong, Kakadu, Guttapercha;
altägyptische (durch das Griechische und Lateinische): Oase, Ibis, Gummi, Almanach;
chinesische: Taifun, Tee;
japanische: Geischa, Kimono, Harakiri;
althebräische (die meisten von ihnen sind religiösen Charakters und kamen durch die Bibel ins Deutsche): Hallelujah, Satan, Mammon. So bereichert sich deutsche Wortschatz.
References:
1. A.Iskos, A.Lenkowa. Deutsche Lexikologie, L. 1970, Kapitel 15, S.115–120.
2. M. D. Stepanowa, I. I. Tschernyschewa. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. M., 1975, IV Teil, II. Kapitel.
3. И. И. Чернышева. Фразеология современного немецкого языка. М., 1970., Часть II, стр. 35–61.