Entlehnungen aus dem Englischen traten besonders gegen Ende des 18. und im 19. Jh. auf. Die geschichtliche Voraussetzung für die englischen Entlehnungen dieser Periode bildet der Einfluß Englands bzw. Großbritranniens als führende Industrie- und Kolonoalmacht.So wurden aus dem Bereich der Technik entlehnt: Jennymaschine, Mulemaschine, Ventilator, Patent, patentieren;Lehnübersetzungen: Pferdekraft, Pferdestärke (eng. horse power) u.a. Aus Finanz- und Handelsbeziehungen: Scheck, Banknote, Budget u. a. Aus Politik und Außenpolitik: Opposition, Kolonisation, Minorität u. a. Aus Haushalt und anderen Lebensbereichen: Beefsteak, Brandy, Pony, Bulldogge, u.a. Englische Entlehnungen reißen bis ins 20. Jh. nicht mehr ab. Seit dem Beginn des 20. Jhs., besonders aber nach dem zweiten Weltkrieg, sind Entlehnungen aus dem amerikanischen Englisch bzw. aus der amerikanischen nationalen Variante der englischen Sprache zu verzeichnen. Obgleich nicht immer festzustellen ist, welche Entlehnungen aus dem amerikanischen und welche aus dem britischen Englisch kommen, ob es also Amerikanismen oder Anglizismen sind, handelt es sich aber nach 1945 vorwiegend um Amerikanismen, denn Großbritannien wurde als Weltmacht in wirtschaftlicher Hinsicht in der Nachkriegsentwicklung von den USA überflügelt. Nach Angaben der Fachliteratur wird der Anglo-Amerikanismus ursprünglich als Bezeichnung nicht für alle, sondern nur für bestimmte berufliche Tätigkeit gebraucht, wobei eine wertende, genauer abwertende Bedeutung festgestellt wird: Der Job ist eine (oft kurzfristige) Tätigkeit, deren Hauptzweck der Gelderwerb ist. Im weiteren wird für das Fremdword ein zunehmender Gebrauch in der Presse registriert, wobei es vielfach seine negative Wertung einbüßt. Oft ist das Fremdwort in Kontext belegt, wo die Bäschäftigung des Element des Kurzfristigen voraussetzt. So beim Ferienjob der Studenten, die in der Ferienzeit ihren Unterhalt verdienen.
Beim Gebrauch des entlehnten Wortgutes im System der entlehnenden Sprache wird noch ein Merkmal der systemhaften Wechselbeziehungen zwischen Fremdwort und Stammwort festgestellt. Es besteht in der Tendenz, die Mehrdeutigkeit der Lexeme mit Hilfe von Fremdwörtern zu neutralisieren. Als Beispiel kann das Lexem Schlager dienen. Die Mehrdeutigkeit des deutschen Wortes Schlager wird durch entlehnte Synonyme neutralisiert. In der ersten Bedeutung konkurriert der Anglo-Amerikanismus Hit. Zwar ist dieser Fremdwort selbst vieldeutig, aber es wird im Deutschen vorwiegend als „Schlagerlied», „Tanzlied» gebraucht, vgl. folgenden Text: Von allen Werken, die auf Platten erscheinen, haben nur eine Chanse, ein Hit zu werden, die auch der Rundfunk zu einem Hit macht. Besonders populär sind die Komposita Hitmusik, Hitparade, vgl. die Hitparade von Radio Luxemburg. Das zweite entlehnte Synonym, das neben Schlager im Sinne „ein modernes Schlagerlied» gebraucht wird, ist der Anglo-Amerikanismus Song. Somit entsteht eine synonymische Reihe: Schlager =„Lied»– Hit — Song, in der die Entlehnungen mit dem Stammwort erfolgreich konkurrieren. Auch für die vierte Bedeutung des deutschen Wortes werden je nach dem Charakter des Films entlehnte Synonyme gebraucht. Das sind die Anglo-Amerikanismen Thriller und Hit. So wurden z. B. in der BRD Presse die Filme „Anna Karenina», „Krieg und Frieden» u.a. als Hits bezeichnet. Handelt es sich aber um einen Kriminalfilm oder einen ganz auf Spannungseffekte eingestellten Film, „Nervenreißer», so wird der Anglo-Amerikanismus Thriller gebraucht, vgl.den Thriller „Lohn der Angst», u.ä. Das gibt den Grund zur Aufstellung der zweiten synonymischen Reihe: Schlager = „Film» — Hit — Thriller. Aufgrund der geläufigen Anwendung von Thriller als „ein aufregendes Buch» und dann einer älteren Entlehnung — Besteller– in der Bedeutung „Verkaufsschlager» (meist von Büchern) kann man auch die dritte synonymische Reihe aufstellen: Schlager = „Buch»– Thriller — Besteller.
Eine semantische Auseinanderentwicklung ist bei dem Anglo-Amerikanismus Teenager und dem deutschen Synonym Backfisch festzustellen, denn heute verbinden sich mit den beiden Lexemen andere Vorstellung und Emotionen: Im Vergleich zu Backfisch ist Teenager ein selbstbewusst modernes Mädchen mit betont sicherem Auftreten. Eine Reduzierung der Bedeutungsstruktur des Anglo- Amerikanismus bei der Einfügung ins Deutsche und eine weitere Spezialisierung der Bedeutung ist an dem Lexem Ticket zu sehen. Das Wort hat in der Quellensprache eine entwickelte Bedeutungsstruktur, darunter auch das Semem Fahr-, Flug-, Eintrittskarte. Diese lexisch-semantische Variante wurde übernommen, aber im Deutschen vornehmlich auf die Bedeutung „Flugkarte», „Flugschein» spezialisiert. Heute hat diese Entlehnung einen festen Platz in der thematischen Reihe: Fahrkarte — Billet — Eintrittskarte — (Flug)tiket, wo sie den herkömmlichen Wörtern Flugschein, Flugkarte erfolgreich Konkurrenz gemacht hat.
Semantische Selbständigkeit wird auch beim Anglo-Amerikanismus Hobby verzeichnet. Es sind heute deutliche Unterschiede zum deutschen Synonym Steckenpferd zu erkennen. Während Steckenpferd eine Lieblingsbeschäftigung bezeichnet, die den Neigungen einer Person entspringt und unter Umständen als abseitig oder skurill, von Außenstehenden vielleicht sogar als liebenswerte Schrulle belächelt wird, der man sich aber in seiner Freizeit mit großem Vergnügen hingibt, ist Hobby eine als Ausgleich zur Tagesarbeit gewählte Beschäftigung, mit der man seine Freizeit ausfüllt; meist handelt es sich dabei um etwas, was allgemein Mode ist.
In der einschlägigen Forschung wird in letzter Zeit außer der erwähnten Bedeutungserweiterung von Hobby „Freizeitgestaltung» noch eine weitere Entwicklung in der bezeichneten Richtung festgestellt, wovon folgender Beleg zeugt:
Techn. Exportkaufmann,…Hobby: Marktaufbau in Entwicklungsländern, sucht… Entwicklungsmöglichkeiten.
Außer den oben erörterten Prozessen der Anpassung der Anglo-Amerikanismen an das lexikalisch-semantische System des Deutschen sind auch andere Triebkräfte der semantischen Assimilation zu erwähnen, die Einfügung und Verwurzelung dieser Entlehnungen bedingen.
Es geht hier vor allem um die sprachökonomische Tendenz. Anglo-amerikanische Formative sind meistens kürzer als deutsche, besonders, wenn es sich um korrespondierende Wendungen handelt, vgl. das Makeup, und die deutsche Umschreibung Verschönerung (des Gesichts) mit kosmetischen Mitteln.
Mit Kategorisierungstendenzen hängt wohl die Übernahme solcher Wörter zusammen, die im Gegensatz zu den konkreten Einzelbereichnungen der deutschen Sprache umfassender sind. Man vergleiche z. B. den Gebrauch des Fremdwortes Baby neben den deutschen Wörtern Kleinstkind, Säugling, Neugeborenes, Kindlein. In vielen Fällen lässt sich Baby nur durch Kind, nicht aber durch Kleinstkind, Säugling, oder Neugeborenes, ersetzen.
Die Folge der semantischen Selbständigkeit, die die Anglo-Amerikanismen im Deutschen entwickeln, ist ihre bedeutende wortbildende Produktivität. In dieser Beziehung fungieren sie gleich anderen Wortklassen des deutschen lexikalischen Systems. Sie können bilden: a) Zusammensetzung und Zusammenbildung: Hitmusik, Hitparade, Ferienjob, Jobsucher, Teenmodelle, Rückflugticket; b) Ableitungen: Hobbyst, Hobbysmus; c) Wortartwechsel: Job — jobben.
Wenn man noch den Umstand beachtet, dass einige Anglo-Amerikanismen systemhafte Beziehungen im deutschen Wortbestand zeigen, auch im Falle der Neutralisierung der Mehrdeutigkeit auf paradigmatischer Ebene, so ist die Einwirkung des lexikalisch — semantischen Systems auf das Lehngut deutlich zu sehen.
References:
1. Ganz P. F. Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz 1640–1815. Berlin, 1957, S. 21–25
2. Garstensen B. Englische Einflüsse auf die deutsche Sprache nach 1945. Heidelberg, 1965, S. 142.
3. Арнольд И. В. Лексикология современного английского языка. М., 1959, с. 212
4. Der Große Duden. Mannheim, 1965, Bd. 9, S. 45.
5. Der Große Duden. Mannheim, 1974, Bd. 9, S. 52.